#8 Pokhara – Erste Reise außerhalb Kathmandus
6 Tage Urlaub sind vorbei! Ich war mit Himalayablick paragliden, habe neue Eindrücke vom ländlichen Nepal, den Menschen und der wunderschönen Natur bekommen, und war im November in einem See baden. Das alles ist möglich in der nepalesischen Stadt Pokhara, die rund 200km von Kathmandu entfernt ist. Pokhara ist auch sehr touristisch ausgerichtet, und hat sich zu einer Art Zentrum für Abenteuersport, wie eben Paragliding, entwickelt.
Morgens um halb 7 ging es für mich und fünf andere Praktikanten mit dem Bus von Kathmandu aus los. Theoretisch ging es da los… wir sind nämlich ungefähr 2 Minuten gefahren, nur um uns dann in die eeeewig lange Schlange der viele Busse einzureihen, die Benzin wollten. Dank der Benzinkrise (ich werde die Sache bei Gelegenheit mal genauer erklären), sind wir dann also erst einmal 3 Stunden in Kathmandu im Bus festgesessen, der sich ca. alle 10 Minuten um 5 Meter bewegt hat… Irgendwann haben wir dann aber endlich Benzin bekommen und sind aus Kathmandu rausgekommen. Und in dem Moment habe ich verstanden, warum die meisten, die nach Nepal reise, sich höchstens ein paar Tage in dieser verstaubten Stadt aufhalten wollen. Kaum ist man aus Kathmandu raus, ist man von wunderschönen grünen Hügeln umgeben, und von der versmogten Stadt kann man kaum noch was erahnen. Die Busfahrt war auch etwas abenteuerlich, da der Bus auf der Straße so wackelt und holpert, sodass man ernsthaft auf dem Sitz so hoch hüpft, dass ich mir einmal den Kopf an der Decke angestoßen habe. Der Bus war übrigens ein ganz normaler Reisebus, der bei uns von der Inneneinrichtung als etwas älter oder hässlich gelten würde, aber letztendlich hätte er auch bei uns fahren können. (Manche Busse, die uns begegnet sind, hatten nämlich gar keine Frontscheibe mehr, sondern viel Folie gegen den Fahrtwind.) Insgesamt war unser Busfahrer aber doch sehr rasant unterwegs, manchmal kam ich mir vor wie im fahrenden Ritter bei Harry Potter, weil wir uns einfach durchgeschlängelt haben, wo in Deutschland nicht mal ein Motorrad durchfahren würde. (Wer nicht weiß, was der fahrende Ritter ist, kann sich dieses Youtubevideo anschauen, es trifft relativ gut den Fahrstil der Busse durch die Serpentinen Straßen https://www.youtube.com/watch?v=OszF__i_Fo0)
Statt um 11 Uhr waren wir dann also erst gegen 14 Uhr an unserem ersten Ziel angelangt: Der Startpunkt zum Raften! Für alle, die nicht wissen was Raften ist, das ist wie Kanufahren, nur in einer Art Schlauchboot und auf einem etwas wilderen Fluss. Es war wirklich lustig, wenn auch ein bisschen frisch, weil man durch die großen Wellen schon ordentlich nass wird. Wir haben dann eine Nacht im Resort der Raftingorganisation verbracht, wo es gutes Essen gab, und sogar einen Pool. Das Ganze war echt schön gemacht, aber man hat gemerkt, dass es für Touristen bestimmt war, und nichts mit dem realen Leben der Nepalesen in dieser Region zu tun hat. Das Raften hat sich auch aus einer anderen Perspektive gelohnt. Wir konnten nämlich zwischen dem felsigen Ufer des Flusses immer wieder Menschen sehen, die dort ihrer täglichen Arbeit nachgegangen sind, wie zum Beispiel Angeln, sich und ihre Klamotten waschen, oder eine Ziegenherde treiben. Meistens waren im Hintergrund ein paar Hütten zu erahnen, die vermutlich das Zuhause dieser Menschen waren. Über den doch recht breiten Fluss führten ab und zu ein paar schmale Hängebrücken, die den Weg der Leute auf der anderen Seite des Flusses zur nächsten kleineren Stadt, bestimmt um einige Stunden verkürzen.
Am nächsten Tag hat uns dann der Bus weiter nach Pokhara gebracht. Die Stadt ist wie gesagt sehr touristisch und die Auswahl an Restaurants ist genauso gut, wenn nicht sogar noch ein bisschen besser, als in Thamel in Kathmandu. Die Lage ist aber auf jeden Fall schöner, da Pokhara an einem großen, und sehr schönen See liegt, und man von schönen Hügeln umgeben ist, und es kaum Smog gibt. Am ersten Tag dort sind wir dann gleich paragliden gegangen. Ich war ziemlich aufgeregt, aber im Endeffekt war es total schön und ziemlich relaxed, einfach so in der Luft zu schweben, mit der echt beeindruckenden Sicht auf den Fewa Lake (so heißt der See) sowie auf die schönen Berge rings herum.
Eine schöne Sehenswürdigkeit um Pokhara ist die (oder der?? Wikipedia sagt „der“ deshalb mache ich das auch mal so) sogenannte Weltfriedensstupa. Ein Stupa ist ein buddhistisches Bauwerk zu Ehren Buddhas. Der Weltfriedensstupa in Pokhara liegt auf einem Berg am See, und wir haben uns entschieden, unsere Wanderschuhe mal auszupacken, und sind ungefähr 2 ½ Stunden dorthin gewandert. Der Weg war unglaublich interessant, weil wir aus der touristischen Region rausgekommen sind, und inmitten der schönen Natur einen kleinen Einblick in das Leben der „normalbürgerlichen“ Nepalesen zu bekommen.
Unser Weg hat uns dann durch einen Wald geführt, was ziemlich angenehm war, da es ohne den Schatten der Bäume richtig heiß war. In dem Wald haben Gott sei Dank ein paar Nepalesen gearbeitet, die wir dann immer wieder nach dem Weg gefragt haben, weil wir sonst echt verloren gewesen wären.
Als wir länger durch den Wald gelaufen sind, ist mir dann irgendwann aufgefallen, dass Wälder ja doch irgendwie alle gleich sind. Teilweise hätten wir uns genauso gut in einem Wald in Südtirol oder im Schwarzwald befinden können, wäre da nicht die Sache mit den Affen… Plötzlich ist einem von uns aufgefallen, dass da tatsächlich ein kleiner Affe vor uns in einem Baum sitzt! Und es blieb nicht bei dem einen, wir haben plötzlich an ganz vielen Stellen überall um uns herum Affen in den Bäumen sitzen sehen. Die Sache wurde uns dann langsam suspekt. Wir haben beschlossen unsere Essenspause doch noch nicht hier zu machen, weil wir die Affen nicht mit unserem Essen anlocken wollten. Wir sind dann einfach schnell weiter gelaufen, und haben versucht die Aufmerksamkeit der Affen nicht allzu sehr auf uns zu ziehen, weil wer weiß, wie wilde Affen so drauf sind…
Wir sind dann aber heil aus dem Affenrevier rausgekommen, und es war auf jeden Fall ein Erlebnis! Und gelohnt hat sich die Wanderung bei der Hitze auch, denn die Aussicht von dort oben ist gigantisch. Als wir oben waren, waren manche Gipfel des Himalaya leider verdeckt, aber von unserem Hotel aus konnten wir oft gut den Anblick der 8000er der Annapurna Region bewundern. Die Aussicht war aber trotzdem wunderschön.
Die restliche Zeit haben wir zum Beispiel damit verbracht, uns ein Boot zu mieten, und uns einen Tag lang auf dem See treiben zu lassen. Mit ein bisschen Musik und dadurch, dass es so warm war, dass wir im See baden konnten, hatten wir Eins A Strandurlaubsfeeling.
Auf der Rückfahrt nach Kathmandu habe ich der schönen Natur richtig nachgetrauert, weil mir erst dadurch bewusst wurde, was für ein schönes Land Nepal eigentlich ist, während ich die ganze Zeit in Kathmandu sitze. Sobald ich wieder die Möglichkeit dazu habe, werde ich auf jeden Fall wieder reisen, um noch möglichst viel von der schönen Natur Nepals zu sehen.
Ich finde aber auch das Leben der Menschen auf dem Land sehr interessant, da es eine ganz andere Art der Armut ist, wie man sie in den Städten, wie Kathmandu, sieht. Es geht hier vielmehr um harte körperliche Arbeit, von der nicht mehr und nicht weniger als das tägliche Überleben abhängt. Auf der anderen Seite fand ich nicht, dass viele der Menschen, die um ihre Wellblechhütten zu Gange waren wirklich leidend aussahen. Ich denke eher, dass das einfache Leben für sie schlichtweg normal ist, und sie auch zufrieden sind, solange es täglich etwas zu essen gibt, und die Kinder in die Schule gehen können.
Zum Thema Bildung habe ich auch noch eine interessante Erfahrung in Pokhara gemacht. Wir haben zweimal in einem kleinen, eher einheimisch aussehenden Restaurant gegessen. Als wir unsere Bestellung aufgegeben haben, hat sich der Mann, dem das Restaurant vermutlich auch gehört hat, allerdings nichts aufgeschrieben, sondern unsere Bestellungen gefühlte zehn Mal wiederholt, bis wir uns gefragt haben, warum er sich nicht einfach einen Zettel und einen Stift nimmt, und sich die Sachen notiert. Am nächsten Tag hat ihm dann ein Mädchen, vermutlich seine Tochter, geholfen und er hat ihr gesagt, was sie aufschreiben soll. Da wurde uns klar, dass dieser Mann vermutlich nichts aufschreibt, weil er schlichtweg nicht schreiben und vermutlich auch nicht lesen kann. Ich wusste ja eigentlich, dass es in Nepal eine sehr hohe Rate an Analphabeten gibt, aber ich habe mir vorher noch keine Gedanken gemacht, dass das auch in einem Entwicklungsland eine große Einschränkung sein kann, und allgemein bin ich zum ersten Mal bewusst einem Analphabeten begegnet.
Alles in allem war dieser Trip nach Pokhara wirklich lohnenswert. Wir haben wirklich seeeehr gut gegessen, von Pizza über Latte Macchiato und Müsli bis Schokokuchen und Burger stand alles auf dem Programm, und ich habe ein ganz neues Gesicht Nepals zu sehen bekommen.
Ich hoffe, dass ich bald mal wieder von einer Reise außerhalb Kathmandus berichten kann, aber ganz davon abgesehen könnte ich auch erst mal schauen, dass ich Zeit finde, die Sachen in Kathmandu anzuschauen, die quasi die ganze Zeit vor meiner Nase sind… Mal schauen was sich so ergibt:)
In Kathmandu ist übrigens schon lange kein Badewetter mehr. Mittags kann man noch gut im T-shirt rumlaufen, aber abends und morgens hat es schon fast Winterjackentemperatur. Bald muss ich also genauso frieren, wie ihr gerade im winterlichen Deutschland.
Bis bald,
Eure Josie
Liebe Josie
von winterlich kann im Moment hier in Ellwangen keine Rede sein. Heute hatten wir sehr angenehme
18°C. Und das am 6. 11. Vielen Dank für deine tollen Berichte. Ich freue mich schon auf den nächsten.
Liebe Grüße MAma