In den letzten Tagen habe ich einiges neues gesehen! Da jetzt aber schon das große Hindufest Dashain (sprich: Dasain) losgeht, will ich die Eindrücke noch mit euch teilen, bevor ich alle Festivitäten in aller Ausführlichkeit beschreiben werde.

1.Das allgegenwärtige Hakenkreuz

Hakenkreuz? Nazis? In Nepal? Als ich das erste Mal in unser Haus gelaufen bin, ist mir gleich das Hakenkreuz aufgefallen, das groß und unübersehbar das Eingangstor ziert. Und es ist nicht das einzige in Kathmandu, man sieht es ständig auf Gullideckeln, Ziegelsteinen oder einfach an Hausverzierungen. Mit Nationalsozialismus, Nazis, oder Hitler hat das allerdings garnichts zu tun. Die meisten Menschen meiner Generation kennen öffentliche Hakenkreuze ja (Gott sei Dank) nur noch aus Geschichtsbüchern, und wissen garnicht, dass das Hakenkreuz ursprünglich eine andere, positive Bedeutung hatte, als die, mit der der gewisse Herr Hitler es behaftet hat. Es steht nämlich eigentlich für Stärke und Kraft und ist das Zeichen für die aufgehende Sonne. Und hier in Nepal ist es einfach immer noch dieses ganz normale Symbol mit der positiven und schönen Bedeutung. Es gibt hier sogar zwei Mädchen, die Swastika heißen, was nichts anderes als Hakenkreuz bedeutet.

2.Deutschlandtrikots

Einer nicht übermäßig an Fußball interessierten Person wie mir ist es garnicht so ins Auge gesprungen, aber als mich eine andere Praktikantin darauf hingewiesen hat, sehe ich es immer wieder: Nepalesen mit Fußballtrikots der deutschen Nationalmannschaft. Ich weiß nicht genau ob es ist, weil Deutschland die WM gewonnen hat, oder ob sie deutschen Fußball allgemein cool finden. Wir haben neulich einen Nepalesen in einer Bar getroffen, der wissen wollte woher wir sind. Als wir gesagt haben, dass wir deutsch sind, hat er sofort gesagt, er findet deutschen Fußball toll und Thomas Müller sei der allerbeste.

3.Ziegen für Dashain

Ich habe ja schon einmal davon berichtet, dass man hier ganz offen sieht, wie Tiere in kleinen Schlachtläden an der Straße geschlachtet und verarbeitet werden. In den letzten Tagen hat die Sache aber eine ganz neue Dimension angenommen, da es für Dashain (das ungefähr so wichtig ist, wie für uns Weihnachten) üblich ist, Tiere zu opfern, die es dann als Festmahl zu essen gibt. Da Kühe heilig sind und deshalb nicht gegessen werden, ist das am häufigsten dafür verwendete Tier hier eine Ziege. Wie aus dem nichts schießen also gerade Ziegen aus dem Boden die vor den Häusern stehen, und auch genau dort geschlachtet werden. Ich habe meinen Mund nicht mehr zubekommen, als wir ahnungslos unseren gewohnten Weg gelaufen sind, und die Ziege die gestern noch meckernd vor einem Haus stand, plötzlich ohne Kopf (!) auf dem Bürgersteig lag. Den Kopf hielt ein Mann gerade in der Hand und bearbeitete ihn irgendwie. An einem anderen Tag sehe ich gleich mehrere Köpfe nebeneinander aufgereiht, während daneben diverse Organe aus dem Körper gezogen werden. Handschuhe oder sonstige Schutzkleidung trägt natürlich keiner während er die Ziegen auseinander nimmt.

4.Auf das Schulbuch ist immer Verlass?

Die Grammatikfehler in den Schulbüchern sind uns ja inzwischen bekannt. Ein nettes Beispiel, das ich neulich noch gefunden habe war die Aufzählung von Kinderrechten, die unteranderem beinhaltete: Right to food, Right to clothes, Right to house… Da stellen sich jemandem der halbwegs Englisch kann alle Nackenhaare auf. Jetzt sind mir aber auch noch einige inhaltliche Fehler aufgefallen, wie zum Beispiel beim Erklären der „Punkt vor Strich“ Regel in Mathe. Die wird hier als DMAS-Rule beigebracht, was für „Division, Multiplikation, Addition, Subtrahition“ steht und die einzuhaltende Reihenfolge der jeweiligen Rechenoperation zeigt. Blöd nur, dass im Merkkasten steht: „DMAS means 1st Multiplikation, 2nd Division, …“, also Mal und Geteilt in der genau umgekehrten Reihenfolge. Es ist ja eigentlich egal, ob mal zuerst Mal nimmt oder zuerst teilt, aber bei dem Mädchen, mit dem ich das geübt habe, hat das eine ziemliche Verwirrung verursacht. Es ist auch schwierig den Kindern zu erklären, dass das Buch falsch liegt, da das für sie irgendwie gar keine Option darstellt.

5.Für was Taschentücher, wenn man auch auf die Straße rotzen kann?

Ja ihr habt richtig gelesen. Tempotaschentücher benutzen die meisten Nepalesen nicht. Sie haben da eine ganz spezielle Technik, die vor allem mit einem sehr irritierenden und ekelhaften Geräusch verbunden ist. Wer sich für Details interessiert: Mit diesem Geräusch wird der Rotz von der Nase in den Mund gezogen, und daraufhin einfach ausgespuckt. Und das Geräusch ist manchmal so laut, dass ich schon richtig davon erschrocken bin. Genauso wie die Sache mit dem nicht vorhandenen Klopapier, ist das für mich irgendwie eine komische Vorstellung. Aber wenn man es umgekehrt betrachtet, müssen die Nepalesen weder Klopapier, noch Taschentücher kaufen, was in erster Linie Geld spart, aber auch eigentlich für die Umwelt nicht ganz schlecht ist. Die meisten Kinder haben das übrigens noch nicht so raus. Eine Praktikantin hat dann neulich einem der Kinder, das eine laufende Nase hatte, ein Taschentuch gegeben, und versucht zu erklären, wie man den Naseninhalt in das Taschentuch befördert. Alle Kinder waren total fasziniert, und wir konnten es uns nicht verkneifen loszujubeln, als das Mädchen es endlich geschafft hatte, das Taschentuch auf unsere Weise zu benutzen. Ihr verstörter Blick war einfach zu gut.

Das waren mal ein paar Eindrücke, die ich euch einfach nicht vorenthalten konnte. Bis ich allerdings dazugekommen war, diesen Blogeintrag fertig zu schreiben, ist das Fest Dashain schon richtig losgegangen, und ich werde euch schon bald alles berichten, was so dazugehört. Ich kann euch schon mal so viel verraten, dass ich heute eine Tika bekommen habe, und dass die Kinder auf abenteuerliche Weise eine riesige Bambusschaukel gebaut haben. aber was es damit auf sich hat, lest ihr in den nächsten Artikeln:)

Bis Bald,

Eure Josie