#4 Lernen, lernen, lernen… – Das nepalesische Schulsystem

Auswendig lernen bis der Kopf qualmt, das ist quasi alles, was in Nepals Schulen gefragt ist. Anwendungs- und Übertragungsaufgaben gibt es quasi nicht, und lernen ist für die meisten Kinder hier fast alles, woraus ihr Tag besteht. Sie lernen morgens vor der Schule, dann nach der Schule, und manchmal bleiben ein paar sogar noch bis 11Uhr oder 12Uhr wach, und stehen dann um 3 Uhr wieder auf um weiter zu lernen. Der Witz dabei ist, dass viele dann so übermüdet sind, dass sie in der Schule schlafen, wodurch sie Unterricht verpassen, was dazu führt, dass sie noch mehr lernen müssen… und spätestens jetzt ist eigentlich jedem klar, dass in diesem Schulsystem irgendwas schiefläuft.

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Das ist der sogenannte Studyroom, in dem die Kinder lernen. Das Foto ist hier bei den Großen, es gibt ihn aber fast identisch auch bei den Kleinen.

Die Art des Unterrichts und der Klassenarbeiten ist genau auf dieses Auswendiggelerne abgestimmt. Die Kinder haben fertige Fragen und Antworten im Heft stehen, die sie Wort für Wort auswendig lernen, und die auch so in den „Exams“ abgefragt werden. Viele wissen nicht mal die Bedeutung aller Wörter, die sie da sagen, geschweige denn die Gesamtbedeutung, aber das ist auch nicht nötig, um gute Noten zu bekommen. Es ist für uns ziemlich schwer, das so zu akzeptieren, und den Kindern nicht alles zu erklären, sodass sie es verstehen. Aber das verwirrt sie meistens noch zusätzlich, weil sie dann denken, dass sie das, was man gerade erklärt hat, auch auswendig wissen müssen. Sie lernen auch beispielsweise in Physik Formeln auswendig, müssen diese aber nie anwenden, und können das dementsprechend auch nicht.

Ein weiteres Problem ist, dass die Lehrer in der Schule oft miserables Englisch sprechen. Deshalb können die Schüler niemals so gut Englisch sprechen wie wir, weil sie nie richtiges Englisch hören. Auch in den offiziellen Schulbüchern findet man immer wieder Fehler, da einfach kaum jemand in Nepal richtig Englisch spricht. Es ist deshalb umso wichtiger, dass wir Deutsche mit ihnen sprechen und den Kindern auch die richtige Aussprache zeigen, weil sonst aus „pive“ niemals „five“ wird (Seltsamerweise haben viele Nepalesen ein Problem mit dem „F“-Laut und sagen stattdessen immer „P“).

Derzeit sind in Nepal die zweiwöchigen „Examweeks“, während denen die Kinder jeden Tag eine Prüfung in einem anderen Fach haben. Und wir regen uns auf wenn wir mal 3 Klassenarbeiten in einer Woche haben… Während der normalen Unterrichtszeit haben sie jeden Tag jedes Fach. Die Kinder haben auch Schuluniformen, und insgesamt ist das Schulsystem etwas an das Englische angelehnt. Wenn ich das bisher richtig verstanden hab, geht die Schule 10 Jahre lang und danach geht man dann aufs College.

Geschwister, oder die Kinder im Allgemeinen, helfen sich gegenseitig beim Anziehen der Schuluniform.

Wenn ich das hier so sehe, denke ich, dass auch wenn wir uns in Deutschland oft über unseren Unterricht beschweren, wir uns trotzdem wirklich glücklich schätzen können, dass wir neben Auswendiglernen auch beigebracht bekommen unser Köpfchen zu benutzen…

Ein kleiner komfortabler Pluspunkt unseres Schulsystems oder unseres ganzes Wochenrhythmuses ist übrigens, dass wir Samstag und Sonntag frei haben, wohingegen in Nepal nur der Samstag frei ist, und die Woche am Sonntag beginnt.

Ich hoffe ihr genießt ab jetzt jeden freien Sonntag noch mehr als vorher:)

Bis Bald,

Eure Josie

2 thoughts on “#4 Lernen, lernen, lernen… – Das nepalesische Schulsystem

  1. Herzlichen Dank für Deine Ausführungen, liebe Josie, das ist echt interessant und du bist ja wahnsinnig fleißig! habt ihr immer internet? wir freuen uns aufs jugendchorwochenende, das morgen startet, obwohl wir noch kein Stück fürs frühjahr haben.
    Herzliche Grüße, bestimmt auch von andrea,
    Reinhard.

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