#3 Vom Alltag, dem Essen und meinem zweiten Leben als Gangster

Obwohl ich noch nicht mal eine Woche hier bin, habe ich mich schon ein bisschen an den Alltag gewöhnt, und kann euch erzählen wie ich hier lebe, und was ich den ganzen Tag mache.

Das Kinderheim besteht aus zwei Häusern und ich wohne in dem Haus mit den älteren Kindern, also denen zwischen 12 und 16. Hier gibt es zwei Zimmer für die Praktikanten. In einem davon schlafe ich mit 3 anderen Mädels, und in dem anderen schlafen zwei Jungs, und wir alle haben gerade das Abi hinter uns. Das andere Haus ist etwa eine halbe Stunde zu Fuß entfernt und dort wohnen die Kleineren, von denen die Jüngsten ungefähr 5 sind. Hier gibt es nur ein Zimmer für Praktikanten, wo derzeit 4 Mädels sind. Die Kommunikation mit den Kindern läuft auf Englisch ab. Das können sie, weil der Unterricht in der Schule auf Englisch ist (außer Nepali natürlich), allerdings sprechen sie lang nicht so gut Englisch, wie man meinen könnte, aber zu dem Schulenglisch und zu Schule allgemein lest ihr mehr in dem nächsten Blogeintrag (http://josiegoesnepal.ried.online/4-lernen-lernen-lernen-das-nepalesische-schulsystem ).

Hier sieht man eines der Zimmer der Kinder, unseres sieht aber fast genauso aus, nur dass mehr Zeug rumliegt…;)

Zurück zu meinem Alltag. Von dem Haus mit den Größeren laufen jeden Morgen ein paar Praktikanten zu dem Haus mit den Kleineren, um den Kindern dort beim Lernen zu helfen. Dazu stehen wir so um kurz nach 5 auf und sind dann gegen 6 Uhr da. Die Kinder bekommen vor dem Lernen eine warme Milch und es wird dann in beiden Häusern bis ca. halb 8 gelernt. Dann machen die Kinder Frühsport, also Gymnastikübungen, und singen Lieder. Dazu stellen sie sich ganz ordentlich in Reihen auf, was irgendwie wie eine militärische Aufstellung aussieht…;) Scheint aber hier ganz normal zu sein, denn die Kinder machen das auch bevor sie zur Schule laufen, und bevor es Essen gibt, und jedes Kind hat seinen festen Platz.

Die Kleinen haben schon die Schuluniform an, und die ersten Stellen sich in den Reihen auf.

Gegen 8 gibt es dann das erste Dal Bhat des Tages. Naja eigentlich schmeckt Dal Bhat echt gut. Es ist das Nationalgericht, und besteht aus Reis (=Bhat) mit einer Soße (=Dal), die irgendwie aus Linsen besteht, und Gemüse. Es schmeckt schon eher scharf, und wird landestypisch mit der Hand gegessen. Zuerst ist es etwas komisch, einfach so reinzumatschen, ist aber die beste Methode, den Reis mit der Soße zu vermischen, und wenn man die richtige Technik mit möglichst wenig Verlust auf dem Weg vom Teller in den Mund raushat, geht es echt gut. Wir desinfizieren uns auch vor dem Essen immer die Hände, da uns Händewaschen mit dem verkeimten Leitungswasser nicht allzu sinnvoll erscheint.

Mittags gibt es dann sogenanntes Tiffin. Das kann alles Mögliche sein, von Teigtaschen über Kekse in Milch, bis zu gebratenem Reis. Normalerweise sind die Kinder bis nachmittags in der Schule, dann gibt es im Haus kein Tiffin. Während den Examen, wenn Ferien sind, oder wenn die Schule ausfällt, sind sie auch mittags schon da, dann essen sie hier ihr Tiffin und haben danach frei bis ca. um 16 Uhr. In dieser Zeit können wir die Kinder beschäftigen, und mit ihnen spielen.

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Der Platz hinter dem Haus, auf dem z.B. Fußball oder Basketball gespielt wird.

Die Jungs haben eigentlich nichts anderen im Kopf als Fußball, Basketball und seit neuestem auch ein bisschen Rugby, aber mit den Mädchen, die hier ja zwischen 12 und 16 sind können wir gut Spiele spielen, oder einfach nur reden wie unter Schwestern. Es haben fast alle Mädchen hier einen kleinen goldenen Nasenpiercing, was meiner Meinung bei nepalesischen Mädchen richtig hübsch aussieht. Das ist bei den Kleinen im Übrigen auch praktisch, um die Mädchen als solche erkennen zu können, weil manche richtig kurze Haare haben und in dem Alter auch locker als Jungs durchgehen könnten. Witzig ist auch, dass die Kinder „Auntie“ und „Uncle“ zu uns sagen, ich bin also „Auntie Josie“. Die Älteren sagen aber auch „Sister“ und „Brother“.

Nach der kleinen Auszeit am Nachmittag geht es auch schon wieder ans Lernen, bis es gegen halb 8 wieder Dal Bhat gibt, juhu… Für uns klingt das ja seeehr komisch täglich zweimal das gleiche zu essen, und vor allem morgens schon scharf, und das ist es auch… Manche Nepalesen essen aber ihr Leben lang nichts anderes, und das ist hier völlig normal. Mein Magen macht das alles bisher noch recht gut mit, aber da fast alle Mädels, die schon länger hier sind, das Essen auf die Dauer nicht besonders gut vertragen, warte ich einfach mal ab.

Der Speiseplan
Der Speiseplan

Nach dem letzten Dal Bhat gehen wir dann früher oder später auch schon ins Bett. Wir müssen ja schließlich um 5 schon wieder auf den Beinen sein. In Nepal ist es übrigens auch völlig normal für unsere Verhältnisse so früh aufzustehen und früh ins Bett zu gehen. Die Sonne geht nämlich hier schon ab 6 ungefähr unter, und um halb 6 wieder auf, und da viele Nepalesen auf dem Land keine Elektrizität haben, stehen sie auf, wenn es hell wird, und gehen ins Bett, wenn es dunkel ist. Man lebt quasi im gemeinsamen Rhythmus mit der Sonne.

Unser Alltag beinhaltet auch oft, dass wir, während die Kinder in der Schule sind, in die Stadt fahren, um einzukaufen, Geld zu wechseln. Manchmal verzichten wir auch auf Dal Bhat und essen in der Stadt, wo es echt viele leckere Sachen gibt. Und gerade in Thamel, dem Touristenviertel, braucht man sich wegen Hygiene eigentlich keine allzu großen Sorgen zu machen.

Was noch sehr wichtig und auffällig ist wenn man sich in Kathmandu bewegt, ist die Luftverschmutzung. Momentan soll es zwar vergleichsweise in Ordnung sein, weil wegen der Gas- und Ölkrise, die ich ja schon mal erwähnt habe, viele Autos nicht fahren können, weil sie keinen Sprit haben. An vielbefahrenen Straßen merkt man aber trotzdem richtig, wie der Staub sich auf die Lungen legt. Deswegen haben wir uns jetzt auch einen Mundschutz zugelegt, wie ihn fast alle Nepalesen tragen. Die gibt es witzigerweise in echt vielen Mustern und sogar mit Mickey Mouse oder Snoopie, aber wir haben uns für etwas neutralere Varianten entschieden. Man könnte mit diesen Teilen aber locker einen Bankraub begehen, deshalb fühle ich mich damit wie ein Gangster außer Dienst:)

Der wunderhübsche Mundschutz;) Im Hintergrund sieht man das erleuchtete Thamel am Abend.
Der wunderhübsche Mundschutz;) Im Hintergrund sieht man das erleuchtete Thamel am Abend.

Dank der Gaskrise sieht man hier aber einen richtig schönen Sonnenaufgang, und nachts sogar Sterne am Himmel!

Sonnenaufgang über Kathmandu♥ Das Bild ist nur ein paar Schritte von unserem Haus entfernt aufgenommen.

Bis Bald,

Eure Josie

 

PS: Eine Sache, die ich hier auch zu schätzen lerne, ist durchgängig Strom und vor allem Wasser zu haben… Weil unter der Dusche mit schaumigen Haaren zu stehen, wenn plötzlich kein Wasser mehr kommt, gehört nicht wirklich zu den Dingen, die man mal erlebt haben möchte:)

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